TIBET
Shanghai-Beijing


19.09. bis 01.10.2012


von
Erika C. Münch
Friedhelm Lichtenknecker


Drepung
&
Norbulingka


5. Tag Sonntag 23.09.2012




Unser letzter Tag in Lhasa. Morgen früh fahren wir nach Gyantze, ca. 270km auf fast 4000 Meter. Heute morgen stehen das Kloster Drepung und der Sommerpalast des Dalai Lama auf dem Programm.
Leider geht es mir wegen der Sonne und der fehlenden Luft nicht so gut.
Auch zum Kloster Drepung müssen wir Treppen steigen und einen lang ansteigenden Weg hochlaufen.

Am Wegesrand eine Opferstelle, an der Pilger ihre Gaben ins Feuer legen, dichter, weißer Rauch steigt auf. Direkt daneben ein Stand, an dem eine Frau grüne Zweige von Bäumen als Opfergaben verkauft. Immer wieder steinerne Nischen mit goldenen Gebetsmühlen, mal nur eine, dann wieder eine ganze Reihe. Eine Bettlerin sitzt mit ihren zwei Kindern am Weg. Treppe, Treppen, Gebetsmühlen, ein anstrengender Weg, dann endlich stehen wir vor einem großen Gebäude des Klosters Drepung. Eine sehr große Anlage mit vielen Gebäuden, die sich über den Hang verteilen.Vor 1959 lebten in Drepung über 10.000 Mönche, es war das größte Kloster Tibets und besaß 186 Landgüter, verfügte über rund 20.000 Leibeigene, 300 Weidegebiete und 16.000 Hirten.
Während der Kulturrevolution wurde Drepung vor der Zerstörung durch die Roten Garden bewahrt; Mitte der 1980er Jahre gab es wieder zwanzig Mönche,im Jahr 2005 waren es etwa 640.


Wir steigen die Stufen vor der Eingangstür hoch, ein großer dunkler Raum, von der Decke hängen bunte Fahnen, rote Holzsäulen stützen die Decke. Buddhastatuen an den Wänden. Auf dem Boden mehrere Reihen mit Kissen und Teppichen für die Mönche. Auch hier, wie im Jokhang Tempel von Lhasa, kupferne Kessel mit Butter in denen dicke Dochte brennen und den Raum in mystisches Licht tauchen. Einige Pilger sind da, Familien mit Kindern. Sie haben Thermokannen mit Butter dabei, die sie als Opfer in die Kessel geben.
Drei sollcher großen Räume haben wir hier im Kloster gesehen, alle reich und bunt ausgestattet. Ein Mönch, der in einer Ecke saß hat sich meine Ente angesehen und sie in die Kamera gehalten.
Auf dem Hauptgebäude des Kloster Tempels eingoldenes Dharma-Rad zwischen einem Rehbock und einem Reh, so, wie wir es schon in Lhasa gesehen haben. Beeindruckend der Himmel, der in tiefem, klarem Blau über uns strahlt.
Wir fahren weiter zum Sommerpalast des Dalai Lama, dem Norbulingka Palast. Über rund 250 Jahre wurde der Sommerpalast vonverschiedenen Dalai Lamas immer wieder erweitert und umgebaut. Die Errichtung erfolgte auf Anweisung des chinesisch-tibetischen Amban, der dem 7. Dalai Lamaeine repräsentative Residenz schaffen wollte. Dieser ließ 1755 weitere Gebäude errichten und gab dem Palast den Namen Norbulingka („Juwelengarten“). Seit etwa 1780 diente der Norbulingka als traditionell vom vierten bis zum neunten Monat des tibetischen Kalenders dem Dalai Lama als Sommer Residenz.
1950 erfolgte die Eingliederung Tibets in die Volksrepublik China. Obwohl die chinesische Regierung in einem Abkommen kulturelle und religiöse Souveränität garantierte, nahmen Repressalien, Unterdrückung und Verbote auch in Tibet zu. Anfang März 1959 verbreiteten sich Gerüchte, dass die Verhaftung des noch sehr jungen 14. Dalai Lama unmittelbar bevor stünde. Aus diesem Grund umstellten am 10. März 1959 rund 30.000 Tibeter den Norbulingka-Palast, um ein menschliches Schutzschild für das höchste Oberhaupt des Buddhismus zu bilden. Am 15. März verließen 3.000 Leibwächter des Dalai Lama den Palast und bezogen Stellung an einem vorbereiteten Fluchtweg. Am 17. März um 16 Uhr feuerte die chinesische „Volksbefreiungsarmee“ zwei Mörsergranaten auf den Norbulingka ab. Damit wurde deutlich, dass die chinesische Regierung den Dalai Lama tatsächlich ausschalten wollte. Am gleichen Abend um 22 Uhr verließ der Dalai Lama, verkleidet als einfacher Landarbeiter, den Norbulingka-Palast, um Tibet bis auf den heutigen Tag nicht mehr wiederzusehen. Am 21. März feuerten die Besatzer 800 Granaten auf den Norbulingka ab. Tausende Männer, Frauen und Kinder, die sich immer noch um die Palastmauern herum befanden, wurden getötet; Zehntausende begaben sich auf die Flucht nach Indien. Am Ende lag der Palast in Schutt und Asche.
Der Palast steht in einem weitläufigen Park. Vor dem Eingang stehen unzählige Blumentöpfe mit bunten, blühenden Blumen. Eine schöne Anlage mit einem See. Über eine Brücke gelangt man zu zwei chinesisch farbenfrohe Pavillons. Auch hier, Blumentöpfe ohne Ende.
Nach dem Mittagessen, was wieder einmal sehr gut war, haben wir noch das Kloster Sera besichtigt, das heute eine Fläche von 114.946 Quadratmetern hat.
Die große Versammlungshalle wurde 1710 errichtet, ist vier Stockwerke hoch und befindet sich im Nordosten des Areals. Die Haupthalle wird von 125 Säulen getragen und nimmt eine Fläche von 2.000 Quadratmetern ein. Sera hat heute 33 Khangtshan-Gebäude mit jeweils einem Hof. Hinter dem Kloster liegt heute der einzige Platz für Himmelsbestattungen von Lhasa. In Tibet wird diese Form heute noch regelmäßig durchgeführt neben Feuer-und Erdbestattungen. Himmelsbestattungen finden im „Tal des Buddha“ statt. Dieses befindet sich in der Nähe des Kailash, dem tibetischen „Sitz der Götter“. Der Leichnam wird einige Tage im Haus weiter symbolisch mit Essen versorgt. In dieser Zeit von drei bis fünf Tagen wird dem Toten von einem Lama aus dem Tibetischen Buch der Toten vorgelesen, um die Seele des Toten zum Verlassen des Körpers zu bewegen. Am Tag der Bestattung wird der Leichnam noch vor Sonnenaufgang zum Bestattungsplatz gebracht. Dort wird der Körper von den Leichenbestattern, den Ragyapas, zerteilt und den – zuvor angelockten – Geiern zum Fressen überlassen. Diese tragen nach tibetischer Vorstellung den Verstorbenen ins Bardo, einen Zustand zwischen dem Tod und der Wiedergeburt.
Abends ist mein Schatz alleine mit unseren Mitreisenden zum Essen und danach zum beleuchteten Potala Palast gegangen.
(Friedhelm: Ein beeindruckendes Bild. Die riesigen Gebäude des Potala Palastes leuchten in weiß und orange gegen den tiefschwarzen Himmel. Wir machen Fotos und können uns nicht satt sehen.)
In der Zwischenzeit sitze ich hier und schreibe das versäute auf. Mit der Atemnot geht es mir nicht gut und ich hoffe die nächsten Tage gut zu überstehen. Ich gebe nicht auf, weil ich für diesen Traum kämpfe, auch gegen meinen Körper. Es wird schon gut gehen.